Die Obere Mühle in Meckenheim

(Abhandlung zur Historie und Baugeschichte)

Wassermühlen - eine technische Innovation der Antike

Die ersten Beschreibungen von Wassermühlen im Mittelmeerraum stammen aus dem 1. Jh. v. Chr. Schon im 1. Jh. n. Chr. existierten Wassermühlen in ganz Italien und ab dem 2.Jh. verbreitete sich die Nutzung von Wassermühlen im gesamten Römischen Reich. Es waren auch die Römer, die im 4. Jh. die ersten Wassermühlen nach Deutschland brachten. Bei Ausgrabungen römischer Gutshöfe wurden im Moselgebiet die Überreste von kleinen Wassermühlen gefunden. Neben der hauptsächlichen Nutzung als Getreidemühlen nutzten die Römer die Wasserkraft auch zum Antrieb für ihre Sägemühlen.

Nach Mühlenerwähnungen in karolingischer- und merowingischer Zeit kam es ab dem 11. Jh., speziell im 12. Jh., zu einer flächendeckenden Verbreitung der Wassermühlen in ganz Deutschland. Fortan diente die Wasserkraft jahrhundertelang bis zur frühen Neuzeit sowohl zum Mahlen von Getreide als auch zum Antrieb verschiedenster Maschinen. Erst im Zeitalter der Industrialisierung wurde sie weitgehend von Dampfkraft und Elektrizität abgelöst.

Das römische Mühlrad wurde unterschlächtig angetrieben. Auch im frühen und im hohen Mittelalter war diese Antriebsart weiter in Gebrauch. Erst ab dem 14. Jh. gibt es Abbildungen von oberschlächtigen Mühlrädern. Mittelschlächtige Mühlräder werden in der Literatur nur selten erwähnt.Windmühlen treten in Europa ab dem 11. Jh. auf.

Mühlen und Mühlenstandorte im Gebiet von Meckenheim

In der Gemarkung von Meckenheim waren in der Vergangenheit mehrere Mühlen angesidelt. In der Stadt Meckenheim werden seit dem Mittelalter zwei Kornmühlen genannt, die Obere Mühle und die verschwundene Untere Mühle. Außerdem entstanden in Meckenheim im Laufe der Jahrhunderte mehrere Ölmühlen. Die Ersterwähnung einer Ölmühle datiert aus dem Jahre 1530. In den heute zu Meckenheim gehörenden Ortschaften existierten weitere Mühlen, so z.B. in Lüftelberg und Altendorf.

In Lüftelberg liegt neben dem Wasserschloss die alte Burgmühle. Sie wurde aber in den letzten Jahren zu einem reinen Wohnhaus umgebaut. Von der Mühlentechnik im Inneren ist nichts mehr vorhanden. Dank der Bemühungen der Dorfgemeinschaft Lüftelberg soll demnächst an der Außenwand wieder ein Mühlrad angebracht werden. Der Mühlgraben ist von der Abzweigung am Swistbach, im heutigen Gewerbegebiet Kottenforst gelegen, bis zur Burgmühle im Gelände durchgehend zu erkennen und diente auch der Wasserversorgung der Schlossgräben. Dieser Mühlgraben wurde als Lehen des Cassius-Stiftes bezeichnet. Der Abflussgraben der Mühle ist heute noch intakt. An Stelle des oberhalb der Mühle gelegenen Mühlteiches ist nur noch eine Wiese mit Parkplatz zu finden.

Die Obere Mühle in Meckenheim

Das Erscheinungsbild der Obere Mühle ist heute leider von der jahrelangen Vernachlässigung geprägt. Der äußerlich schlechte Zustand läßt den Betrachter kaum erkennen, dass er sich an einem der ältesten Mühlenstandorte in der näheren Umgebung befindet, an dem noch eine Mühle mit funktionierender Mühlentechnik existiert.

Grundherrschaften in Meckenheim

Die Ursprünge der Oberen Mühle können schriftlich bis in das 14. Jh. zurückverfolgt werden. Ihre Geschichte reicht wahrscheinlich noch weiter in die Vergangenheit zurück. Während des Mittelalters gab es zwei große Grundherren in Meckenheim, das Mariengraden-Stift in Köln, hinter dem Dom zum Rhein hin gelegen (1817 abgebrochen), und das Cassius-Stift in Bonn. Das Cassius-Stift war eines der mächtigsten Stifte im Kölner Erzbistum und seine Stiftskirche, das Bonner Münster, prägt noch heute das Bild der Stadt. Durch diese grundherrschaftlichen Bindungen wurden die Lebensverhältnisse der Meckenheimer Bauern weitgehend bestimmt. Auch die Entwicklung des Ortes Meckenheim lag bis in das 18. Jh. in den Händen der beiden Stifte. Das Recht der weltlichen Gerichtsbarkeit wurde von den Stiften in ihren jeweiligen Herrschaftsbezirken in Meckenheim ausgeübt.

Das Mariengradenstift und die Untere Mühle

Zu dem Besitz des Mariengraden-Stiftes zählten der außerhalb der Stadt gelegene Niederhof, und der innerhalb der Stadtbefestigung gelegene Burghof sowie die Untere Mühle. Die Besitzrechte des Stiftes gingen auf eine Schenkung der Königin Richeza von Polen, einer Tochter des Tomberger Pfalzgrafen Ezzo, zurück und wurden 1059 urkundlich bestätigt. Der Burghof befand sich in der nordöstlichen Ecke der Stadt und bildete mit eigenem Wall und Graben einen Teil der Stadtbefestigung. In seiner Nähe, zum Swistbach hin, lag die dazugehörige Untere Mühle.Der Burghof, inzwischen im Besitz der Stadt, wurde im Zweiten Weltkrieg teilweise beschädigt. Statt ihn zu restaurieren, erfolgte 1947der Abriss. Das Gebiet ist anschließend zur Wohnbebauung genutzt worden. Zwischen Neustraße und Mühlenstraße ist noch ein Rest des ehemaligen Burgparks erhalten.

Der Untere Mühle war ein ähnliches Schicksal beschieden. Sie wurde 1967 für eine Feuerwehrübung mißbraucht und, nachdem man drei Tage vergeblich versucht hatte sie abzubrennen, niedergerissen. Nur der 250 Jahre alte Türbalken konnte vor der Zerstörung gerettet werden und befindet sich heute in Privatbesitz. Die Mühle hatte den 2. Weltkrieg unbeschadet überstanden. Dennoch wurden die Nebengebäude nach dem Krieg abgerissen, der Mühlteich mit dem Schutt der zerstörten Stadt aufgefüllt und das Wasserrad demontiert und als Heizmaterial genutzt. Die Inneneinrichtung der seit Jahren stillstehenden Mühle wurde ebenfalls restlos ausgeschlachtet. An Stelle der Unteren Mühle befinden sich heute ein Kindergarten und ein Spielplatz. Ein kleiner Teich erinnert noch an den alten Mühlenstandort.

Das Cassius-Stift und die Obere Mühle

Der Fronhof mit seinen Ländereien und die Obere Mühle waren im Besitz des Cassius-Stiftes. Der Fronhof lag in der Mitte der Stadt bei der heutigen katholischen Pfarrkirche St. Johannes der Täufer. Diese Kirche hat wahrscheinlich ihren Ursprung in einer Eigenkirche des Fronhofes aus fränkischer Zeit. Die Ersterwähnung von Meckenheim aus dem Jahre 853 findet sich in einer Schenkungsurkunde des Priesterkanonikers Herigar, der den späteren Fronhof mit all seinen Gütern dem Bonner Cassius-Stift übereignete. Als Gegenleistung erhielt er das lebenslange Nutzungsrecht über seine Schenkungen und einen weiteren Hof des Cassius-Stiftes in Meckenheim. Bei der Aufzählung seiner Güter wird keine Mühle benannt. Dies bedeutet aber nicht, dass der andere Hof des Stiftes nicht schon über eine Mühle verfügte. Über das Aussehen des alten Fronhofgebäudes ist leider nichts Näheres bekannt. Die letzten großen Scheunen des Hofes wurden in den siebziger Jahren des 20. Jhs. abgerissen. Auf dem ehemaligen Hofgebiet entstanden Teile der katholischen Grundschule und später das Fronhofgebäude (Caritashaus).

Auch der dritte große mittelalterliche Hof in Meckenheim, der Kölnhof, hatte den Zweiten. Weltkrieg überstanden, wurde aber 1968 für den Neubau der evangelischen Grundschule abgebrochen.So ist die Obere Mühle eines der wenigen erhaltenen historischen Gebäude in Meckenheim. Sie wurde entweder nach ihrer Lage, oder ihrem jeweiligen Besitzer verschieden benannt: Obere Mühle, Oberste Mühle, Stiftsmühle, Tomberger Mühle, Mühlenwerke Hufschlag, Irnichs Möll.

Mühlenregal und Mühlenbann

Unter Kaiser Friedrich Barbarossa wurde 1158 das Mühlenregal erlassen. Es erstreckte sich zuerst nur auf schiffbare Flüsse und sprach das alleinige Recht zum Mühlenbau dem König zu. Nach dem Jahr 1356 (Goldene Bulle) wurde das Privileg des Mühlenbaus auch Landesherren, Städten und Klöstern zugestanden. Der Erbauer einer Mühle musste im Besitz von beiden Bachufern sein. Als Fachleute für den Neubau wurden Mühlenmeister engagiert. Diese hatten sowohl eine Ausbildung als Zimmermann als auch eine als Müller. Der teure Bau einer Mühle rentierte sich schnell, da Wassermühlen als gute Einnahmequellen galten. Die Müller waren für einen bestimmten Zeitraum Lehnsleute, die dem Besitzer einen Zins zahlen mussten. Für ihre Arbeit wurden sie in Naturalien entlohnt und konnten einen Anteil des Mahlgutes, den Molter, behalten. Ab dem 14. Jh. war es den Müllern möglich, eine Mühle auch in Erbpacht oder Erblehen zu führen. Der Eigentümer hatte die Verantwortung für die Erhaltung der Gebäude und Außenanlagen, dem „stehendenWerk“, während der Mühlenpächter für Arbeiten und Reparaturen am „gehenden Werk“ zuständig war. Zum „gehenden Werk zählten Antrieb, Getriebe sowie der Mahlgang. Da für Reparaturen größere Mengen von Holz benötigt wurden, waren viele Bannmühlen mit Holzrechten versehen.

Die Mühlen waren in der Regel Bannmühlen, d.h. die jeweiligen Pächter und Lehnsleute mussten an der Mühle ihres Grundherrn mahlen lassen. Durch den Mahlzwang war es bei Strafe untersagt, an einer anderen Mühle zu mahlen, auch wenn diese eine geringere Molter verlangte. Der Mühlenbann hatte seinen Ursprung im System der Mittelalterlichen Grundherrschaft. Zudem besaßen nur große Grundherren sowie Klöster und Stifte die finanziellen Möglichkeiten eine Mühle zu bauen und zu betreiben. Die Neuanlage anderer Mühlen im Bereich einer Bannmühle konnte untersagt werden. Erst während der französischen Besatzungszeit seit 1794 wurden diese mittelalterlichen Bannrechte in den linksrheinischen Gebieten aufgehoben(„Code civil“) und die Gewerbefreiheit eingeführt. Dadurch vervielfältigte sich die Anzahl der Mühlen im Rheinland, schaffte aber auch eine stärkere Konkurrenzsituation.

Die Meckenheimer Mühlen im Spannungsfeld widerstreitender Interessen

Beide Stifte betrieben ihre Mühlen in Meckenhein nicht selbst. Das Mariengraden-Stift hatte die Junker von Meckenheim mit dem Burghof und der Unteren Mühle belehnt, während das Cassius-Stift seit Ende des 14. Jhs. seine Mühle an die Herren der Tomburg zu Lehen gegeben hatte.In diesen Zeitraum fallen die ersten schriftlichen Erwähnungen der Oberen Mühle. Die Tomberger Herren beanspruchten im 14.und 15. Jh. die Oberherrschaft und die Gerichtshoheit in Meckenheim. Sie beriefen sich dabei auf alte Rechte aus dem 13. Jh.. Durch diese Forderungen gerieten sie in Streit mit den beiden Stiften, der mehr als 20 Jahre andauern sollte. Friedrich, Herr von Tomberg, betätigte sich als Raubritter und überfiel seit 1401 regelmäßig die Höfe in Meckenheim. Das Cassius-Stift hatte unter den Überfällen besonders schwer zu leiden. Der Fronhof wurde mehrmals verwüstet und ausgeplündert (1405, 1406, 1410, 1414, 1415, 1416). Bei den Überfällen wurden die Gärten des Fronhofes durch Pferde zertrampelt und die Erntevorräte wie Roggen und Hafer gestohlen oder vernichtet. 1416 schreckten die Tomberger auch vor einer Plünderung der Kirche nicht zurück.

Ein weiterer Streitpunkt war die Obere Mühle. Friedrich hatte die Mühle usurpiert, zahlte 20 Jahre keinen Pachtzins und verweigerte die Rückgabe. Daraufhin führte das Cassius-Stift 1406 wegen der Überfälle und der Mühlenpacht Klage gegen den Tomberger. Es kam zu mehreren Prozessen, die Friedrich alle verlor (1407,1408,1410,1412,1416). Da sich Friedrich aber an keine Einigung hielt, wurde über ihn der Kirchenbann ausgesprochen und seine Exkommunikation verkündet(1410,1416). Während einer schweren Erkrankung gelobte er Besserung, die aber nicht von langer Dauer war. Erst nach seinem Tode im Jahr 1421, kehrte einigermaßen Ruhe ein, und die Stifte formulierten am 30. Juni 1421 in einem Weistum, d.h. in einer Aufzählung ihrer geltenden Gewohnheitsrechte, noch einmal ihre Rechte und Pflichten. Das Cassius-Stift regelte dort erneut die jährliche Pachtabgabe der Stiftsmühle, die neun Malter Korn pro Jahr betrug. Bei Verzug von Pachtzins und Zehntabgaben wurde die Strafe auf acht Schilling festgelegt.Die Erben der Tomberger führten die Prozesse und Repressalien dennoch noch einige Jahre fort, so dass der Kampf um die Vorherrschaft in Meckenheim andauerte. Seit 1473 verlor das Geschlecht der Tomberger an Bedeutung, da die Tomburg während einer kriegerischen Auseinandersetzung durch den Herzog von Jülich zerstört worden war. Die Tomberger Herrschaft wurde geteilt. Trotz all dieser Querelen übertrug das Cassius-Stift das Lehen an der Obere Mühle auf die Rechtsnachfolger der Tomberger.

1478 verpachteten diese Erben die Obere Mühle für einen Zeitraum von 24 Jahren an einen Renard von Flerzheim. Ebenfalls 1478 wurde das Tomberger Erbe zwischen einem Brüderpaar neu aufgeteilt. Den Besitz in Meckenheim sowie das Recht an der Oberen Mühle bekam der Ritter Johann Quad zugesprochen. Infolge der Zeitenwirren des 16, Jhs erließ das Cassius-Stift 1589 dem damaligen Müller die Hälfte aller Abgaben, da er vier Monate nicht mahlen konnte. Ab dem Jahr 1660 wird als Pächter das Ehepaar Hilger Schmidts und Juliana Nußgens genannt, die die Mühle für 12 Jahre von den Rechtsnachfolgern der Tomberger pachteten. Die jährliche Pacht betrug 20 Malter Roggen, ½ Malter Weizen und 10 schwere Mark „frießlings gelt“. Das Cassius-Stift erhielt für die Mahlgerechtigkeit und die Benutzung des Eselsweges, der an der Mühle vorbeiführte und noch heute existiert, ein Entgeld von 9 Malter Roggen, 6 Kapaunen und 8 ½ Schillinge. Zur gepachteten Mühle gehörten damals neben dem Mühlengebäude samt Hof und Mahlwerk zwei Brücken, Weiher , Schleusen, Teiche, Wassergräben, Wiesen, Weiden und Dämme. Dies alles musste der Pächter erhalten und pflegen. Besonders die Dämme erforderten eine ständige Wartung. Bei Streitfällen hatte sich der Pächter an das Cassius-Stift zu wenden.

Streitigkeiten um Wasserrechte vom 16. bis zum 18. Jh.

In den folgenden Jahrhunderten finden sich schriftliche Erwähnungen der Oberen Mühle überwiegend in Prozessakten. Die Prozesse behandelten in der Mehrzahl Streitigkeiten um Wasserrechte (Mühlengerechtigkeit) oder um Pachtabgaben. Der Mühlenbann in der Gemarkung Meckenheim wurde im 16. Jh. von beiden Stiften gemeinsam ausgeübt. Aber 1546 kam es zu Streitigkeiten, weil das Cassius-Stift seinen Lehnsleuten das Mahlen auf der Mariengrader Mühle verbieten wollten. Erst 1630 erfolgte ein Vergleich dahingehend, dass wieder beide Mühlen von den Lehnsleuten benutzt werden konnten.

Der Swistbach, an dem die Obere Mühle gelegen ist, hat in dieser Gegend kein großes Gefälle und eine unregelmäßige Wasserführung. So musste, wie so oft im Rheinland, das Wasser zum Antrieb des Mühlrades angestaut werden. Die Ableitungen der Mühlbäche zweigten meistens weit oberhalb der Mühlen von den Bächen ab, um das benötigte Gefälle und damit auch den notwendigen Wasserdruck zum Antrieb zu erreichen. Wenn der Müller mahlen wollte und das Bachwasser ableitete und anstaute, hatten die am Bach weiter unten liegenden Mühlen zu wenig Wasser zum Mahlen. Deshalb mussten die Zeiten zum Mahlen genau zwischen den Müllern geregelt werden. Es gab auch Müller, welche zum Ärger der bachabwärts liegenden Mühlen einfach nur Wasser anstauten, ohne zu mahlen. Wenn auf diese Art die Wasserrechte der anderen verletzt wurden, kam es oft zu Prozessen, so auch in Meckenheim.

Im 16. Jh. dauerte z.B. ein Prozess zwischen dem Junker Gerhard VII von Meckenheim einerseits und dem Cassius-Stift und den Tombergern andererseits mehrere Jahrzehnte. Die Junker von Meckenheim waren Lehnsleute des Mariengraden-Stiftes und saßen auf dem Burghof mit seiner Unteren Mühle. Diese war im Jahre 1530 verfallen. Statt die Mühle zu renovieren, baute Junker Gerhard eine neue Mühle für Korn und Öl oberhalb der Oberen Mühle des Cassius-Stiftes. Dadurch verletzte er die Wasserrechte des Stiftes und der Tomberger Lehensträger. Außerdem hatten Bannmühlen das Recht, den Neubau von Mühlen in ihrer Umgebung zu verbieten.

Junker Gerhard verlor mehrere Prozesse (1539,1546,1548), sein Mühldeich wurde zur Strafe von dem Meckenheimer Gewaltschultheiß durchstoßen, aber er hatte ihn schnell repariert und versuchte immer wieder, die Mühle zu betreiben. Zudem wagte er es seine Dienste billiger als der Tomberger Bannmüller anzubieten. Der Tomberger Müller nahm nach Aussage der Lehnsleute doppelte Molter (Mahlgebühr) und sie bekämen bei dem Bannmüller für ihr Korn nur Mehl für 32 Brote, während es bei der anderen Mühle für 40 Brote reichte. Junker Gerhard wurde daraufhin verurteilt, die neue Mühle abzureißen. Seine alte Untere Mühle dürfe er weiter betreiben. Aber er gab nicht auf. Nach seinem Tod 1548 führten seine Erben den Prozess weiter fort und nahmen wohl auch wieder eine Mühle in Betrieb. Durch diesen und andere Prozesse verarmt, mussten sie aber ihren Besitz und die Mühle 1598 verpfänden und wurden 1608 vom Mariengraden-Stift enteignet. Heute erinnert nur die Flurbezeichnung „Öhlmühler Wiesen“ oberhalb der Oberen Mühle an den möglichen Standort dieser anderen Mühle.

Im 17. und 18. Jh. wird die Obere Mühle weiterhin regelmäßig in Urkunden erwähnt, z.B. bei Vergleichen im Streit zwischen den beiden Stiften im Jahr 1630 oder 1724 bei Betriebsanweisungen an den Stiftsmüller, um den Stillstand der Mühle bei Frost zu verhindern. Auch zwischen 1626 und 1628 kam es zu Streitigkeiten zwischen den Stiften und deren Mühlen. Grund war eine Änderung des Mühlenrades.

1726 verkaufte das Mariengradenstift Burghof und Untere Mühle an den Freiherrn Johann Friedrich de Cler. Die Familie de Cler übernahm 1749 in einer Vereinbarung mit dem Cassius-Stift alle Rechte und Pflichten des Mariengraden-Stiftes, auch die Verträge mit dem Cassius-Stift die Obere Mühle betreffend.

Die Mühle im 19. und 20. Jh.

Die Obere Mühle blieb möglicherweise bis zur Besetzung des Rheinlandes durch die französischen Revolutionstruppen im Besitz des Cassius-Stiftes. Nach der Säkularisation wurde das Stift 1802 enteignet und auch sein Grundbesitz in Meckenheim privatisiert. Ob die Mühle von einem früheren Pächter, oder einem neuen Müller gekauft wurde ist dem Verein bis jetzt noch nicht bekannt

In Preußischer Zeit gegen Mitte des 19. Jh. war die Mühle im Besitz der Familie Hufschlag, die wohl auch den neben der Mühle liegenden Hof besaß. Ein Brüderpaar soll Mühle und Hof erworben haben. Der Hof diente wahrscheinlich mit zur landwirtschaftlichen Versorgung der Mühle.

Die aus dieser Zeit existierenden Akten harren noch ihrer Bearbeitung. Allerdings ist schon ersichtlich, dass neben vielen Anträgen bei Behörden für Umbauten und Genehmigungen auch die alten Streitigkeiten Wasserrechte betreffend andauerten. Am Anfang des 20. Jh. ging die Mühle durch Heirat an die Familie Irnich. Der Bauernhof gehörte inzwischen einer Familie Braun. Der Hof Braun wurde gegen Ende der achtziger Jahre nach dem Erwerb durch die Stadt abgerissen.

Die Familie Irnich betrieb die Mühle bis 1972. Dann war sie dem Konkurrenzdruck der großen Betriebe nicht mehr gewachsen. Verarbeitet wurden Roggen, Hafer und Gerste. Man produzierte Roggenschrot und Roggenmehl zur Herstellung eines dunklen Vollkornbrotes oder stellte Viehfuttermischungen her. Der Hafer wurde gequetscht und als Pferdefutter verwendet. Die Weizenmehlherstellung hatte man schon in den fünfziger Jahren aufgegeben und die Maschinen dafür ausgebaut und verkauft.

Die Obere Mühle in Meckenheim stellt in ihrer heutigen Form ein frühindustrielles Kulturdenkmal dar. Idyllisch in der Swistbachaue außerhalb des alten Stadtkernes gelegen, hat sie das Mühlensterben der vergangenen Jahrzehnte überdauert. Allerdings entging sie nach der Einstellung des Mühlenbetriebes 1972 mehr durch Zufall dem drohenden Abriss, da sich Verhandlungen zur Übernahme durch die Stadt in die Länge zogen und dann 1987 die Eintragung in die Denkmalliste der Stadt Meckenheim erfolgte. Im Jahr 1997 stellte der Landschaftsverband Rheinland das Mühlenensemble unter Denkmalschutz. Seit 1992 im Besitz der Stadt verschwand die Mühle aus dem Bewußtsein der Öffentlichkeit, diente als Unterkunft für Obdachlose und wurde weitgehend vernachlässigt. 2001 konnten im Rahmen einer Bürgerprojektgruppe Ideen und Konzepte für die zukünftige Entwicklung der Mühle dem Rat der Stadt vorgestellt werden. Der aus dieser Projektgruppe hervorgegangene, 2003 gegründete Verein „Pro Obere Mühle Meckenheim“ e.V. hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Stadt bei der Instandsetzung und Instandhaltung zu unterstützen und die Mühle einer museal-kulturellen sowie touristischen Nutzung zuzuführen.

Baugeschichte der Oberen Mühle

Das Mühlenensemble besteht aus drei verschiedenen Gebäudeteilen, dem Wohnhaus, dem eigentlichen Mühlengebäude, dem Anbau sowie der Wasserführung und den dazu gehörenden Landflächen.

Müllerhaus

Das Wohnhaus des Müllers ist das wahrscheinlich älteste Wohngebäude in Meckenheim. Wesentliche Teile sind aus dem 17. Jh. und 18. Jh. In einer der Bruchsteingrundmauern steht die Jahreszahl 1667. Unter dem Haus ist ein alter Gewölbekeller vorhanden. Möglicherweise sind Wohnhaus und Mühle, die außerhalb der Stadt lagen, nach den Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg um diese Zeit wieder aufgebaut worden. Das zweigeschossige Haus auf hohem Sockel ist in Fachwerkbauweise errichtet worden. Leider hat man in den sechziger Jahren an der Vorderseite eine vorgewölbte Wand herausgerissen und durch unverputzte Kunststeine ersetzt. Ansonsten ist das Haus noch in Fachwerk erhalten. Da in früheren Zeiten Fachwerk nicht sehr begehrt war; arme Leute, wie z.B. Bauern, bauten in Fachwerk, reiche Leute hatten teure Steinhäuser, wurde das Müllerhaus verputzt. Dadurch entstand die Wirkung eines Steinhauses. Auf einem Foto aus dem Jahre 1905 ist der alte Zustand des Wohnhauses abgebildet. Das Müllerhaus machte gegenüber der damals eingeschossigen Mühle einen fast herrschaftlichen Eindruck. An die Mühle schloss sich noch ein Anbau mit Waschküche an.

Mühlengebäude

Das eigentliche Mühlengebäude war nur eingeschossig mit hohem Sockel. Es reichte ungefähr bis zur Höhe des späteren Vordaches dessen Ansatz an der vorderen Mühlenwand noch erkennbar ist. 1908 brannte die Mühle teilweise ab. Das Wohnhaus blieb weitgehend erhalten, aber von der Mühle blieben fast nur die Grundmauern stehen. Auf diesen wurde das Mühlengebäude bis 1911/12 wieder aufgebaut. Aber auch wieder nur eingeschossig.

1921 stockte die Familie Hufschlag die Mühle auf und gab ihr ihre heutige Gestalt. Wahrscheinlich war die Ertragslage gut und der Betrieb konnte vergrößert und modernisiert werden. Der heutige Maschinenbestand stammt weitgehend noch aus dieser Zeit, aber auch ältere Teile teilweise noch aus der Jahrhundertwende wurden weiter verwendet. Bei der Aufstockung hatte man einfach auf den alten Giebel aufgebaut. Dieser ist im Inneren der Mühle im ersten Stock noch gut zu erkennen. Die Aufstockung erfolgte in Fachwerk und Stein. Aber das Fachwerk an den Giebeln war auch in den zwanziger Jahren noch nicht begehrt und wurde demzufolge wieder verputzt. Vielleicht kann es in späteren Jahren freigelegt werden.

Das große Vordach wurde angelegt, damit die Pferdefuhrwerke ihre Getreideladung bei Regen im Trockenen abladen konnten. Die Eisenringe zum Anbinden der Pferde sind noch vorhanden. Oben am Dach der Mühle ist ein Erker mit den Resten des Sackaufzuges zu erkennen. Dieser Sackaufzug war vom Vordach bis zur Höhe des Erkers durch eine Holzverbretterung geschlossen, damit die Getreidesäcke trocken in die Mühle gelangen konnten. Eine Vorrichtung, die für den nötigen Abstand der Säcke zur Hauswand sorgte, ist ebenfalls noch vorhanden.

Mühlenantrieb

Hinter einer unschönen Metalltür im Untergeschoss der Mühle verbirgt sich einer der wichtigsten Räume für eine Wassermühle. Dort war in einem separaten mit extra verstärkten Mauern versehenen Raum, dem wegen seiner Kühle sogenannten Eisraum, das Mühlrad untergebracht. Bis zum Brand 1908 trieb wohl ein mittelschlächtiges Mühlrad die Maschinen im Erdgeschoss an. Dieses Rad wurde wahrscheinlich bei dem Brand zerstört . Aus dem Jahr 1911 existieren Pläne eines früheren oberschlächtigen Mühlrades mit einem Durchmesser von 3,10m.

Bei einem mittelschlächtigen Wasserrad trifft das Wasser auf halber Höhe des Rades auf die Schaufeln und treibt das Rad durch sein Gewicht und die Strömung entgegen der Fließrichtung des Wassers an. Bei dem oberschlächtigen Wasserrad wird das Wasser über eine Rinne von oben auf das Wasserrad geleitet. Es trifft auf die Schaufeln und treibt durch sein Gewicht und den Wasserdruck das Rad in Fließrichtung des Wassers an. Bei diesem Antrieb ist die Energieübertragung durch den größeren Höhenunterschied zwischen dem Einlauf in die Schaufeln und der Leerung der Schaufeln besser als bei einem mittelschlächtigen Wasserrad. Die Unterbringung des Wasserrades im einem eigenen Raum im Inneren der Mühle hatte den Vorteil, dass das Rad im Winter weniger vereiste und der Mahlvorgang nicht beeinträchtigt wurde.

1912 entschied sich der Müller Hufschlag für eine modernere Lösung und baute eine 11 PS-Wasserstrahlturbine ein. Um eine bessere und vor allem gleichmäßigere Leistung zu erhalten wurde noch in demselben Jahr zusätzlich ein 30 PS - Gasmotor eingebaut. 1937/38 konnte der Gasmotor durch einen aus einem Kino in Duisburg stammenden 30 PS - Dieselmotor ersetzt werden. Lichtstrom wurde bis 1944 mit einem an die Transmission angeschlossenen Dynamo erzeugt. In diesem Jahr war kriegsbedingt kein Dieselkraftstoff mehr zu kaufen und die Mühle wurde an das öffentliche Stromnetz des RWE angeschlossen. Zum Antrieb wurde ein 30 PS-Elektromotor (Baujahr 1943) eingebaut. Dieser Motor steht noch heute im Anbau der Mühle. Die Beleuchtung war jetzt unabhängig vom Betrieb der Mühle jederzeit möglich. Da der Antrieb in den letzten Jahren nur über den Elektromotor erfolgte, wurden dem Müller 1962 von Amts wegen die Wasserrechte entzogen, weil die gesetzlich festgelegte Verfallszeit (Dauer der Nichtinanspruchnahme des Wasserrechts) überschritten war.

Wasserführung der Mühle

Bei der Oberen Mühle erfolgte die Ableitung des Mühlgrabens unterhalb der Burg Münchhausen ca. einen Kilometer entfernt von der Mühle. Wenn man heute von der Brücke eines Spazierweges unterhalb der Autobahn auf den Swistbach hinab schaut, blickt man auf eine Insel. Diese Insel entstand bei der Ableitung des Mühlgrabens und ist schon auf der ältesten kartographischen Darstellung der Mühle, während einer militärischen Aktion, dem „Monstrischen Campement zu Meckenheim“ von 1690 zu erkennen. Einige größere Gesteinsbrocken am Anfang der Insel könnten Reste des Wehres sein. Der Mühlgraben verlief der östlichen Geländekante der Niederterrasse folgend bis hinter die Mühle. Dort endete er nicht in dem sonst üblichen Mühlteich zur Aufstauung des Wassers, sondern in einem viereckigen Grabensystem von ineinander verschachtelten einzelnen Gräben. Schon auf der ersten kartographischen Darstellung der Mühle im Jahre 1690 sind die Anfänge dieser Gräben zu sehen. Auf der Tranchot Karte von1808/9 sowie auf einer Karte von1824 waren die Gräben zu einem komplizierten System weiterentwickelt worden. Der Grund für dieses ungewöhnliche Verfahren ist dem Verein noch nicht bekannt. Möglicherweise dienten die Gräben zur Absicherung gegen einen Bruch des Mühldammes bei plötzlich auftretenden Hochwässern. Zusätzlich hat man wahrscheinlich Fischzucht betrieben, da das Wasser beim Mahlen nie tiefer als bis zu einem Wasserstand von einen Meter abgelassen wurde.

Das Wasser sammelte sich in einem kleinen Endteich und floss dann durch einen heute noch vorhandenen Einlauf auf das Mühlrad, dann unter dem Mühlgebäude hindurch und wurde durch den noch existierenden Abflussgraben wieder dem Swistbach zugeleitet. Bis in die 50ger oder frühen 60ger Jahre leitete ein Überlaufgraben vor dem eigentlichen Grabensystem überflüssiges Wasser wieder der Swist zu. In diesen Jahren war das komplizierte Grabensystem weitgehend verschilft und verlandet. Übrig blieb ein Ringgraben mit kleinem Teich vor dem Einlauf. Der inselartige innere Bereich des Grabens wurde von dem Hof Braun als Viehweide genutzt.

Das Mühlgrabensystem ist heute leider komplett verschwunden, da Gräben und Teich mit dem Abraum der benachbarten Neubaugebiete aufgefüllt wurden. Ein Stück Swist aufwärts hat man am Rande der Swistaue einen Teil des Mühlbaches als Graben symbolisch wieder hergestellt.

©Irene Krüger